• 177 Quadratmeter in Berlin für 600 Euro? Was hat der BGH damit zu tun?

    177 Qua­drat­me­ter Woh­nung in Ber­lin für 600 Euro im Monat? Der BGH meint, die güns­ti­ge Mie­te allein genügt noch nicht, um Sit­ten­wid­rig­keit anzunehmen. 

    Was ist beim passiert?

    Ein Paar wohnt seit 2017 mit sei­nen Kin­dern in einer 177 Qua­drat­me­ter gro­ßen Fünf­zim­mer­woh­nung in Ber­lin. Laut Miet­ver­trag beträgt die monat­li­che Kalt­mie­te nur 600 Euro, die Brut­to­mie­te 1.010 Euro. Die Mie­te soll­te erst ab Sep­tem­ber 2018 gezahlt wer­den, zuvor galt Miet­be­frei­ung im Gegen­zug zu Reno­vie­rungs­ar­bei­ten durch die Mie­te­rin. Vier Jah­re spä­ter ver­lang­te die ver­mie­ten­de GmbH die Räu­mung, da sie den Ver­trag für sit­ten­wid­rig hielt und ihrem frü­he­ren Geschäfts­füh­rer kol­lu­si­ves Zusam­men­wir­ken vorwarf.

    Hintergründe des BGH-Urteils Mietrecht

    Die GmbH, Eigen­tü­me­rin der Woh­nung, woll­te ursprüng­lich nicht ver­mie­ten, son­dern ver­kau­fen. Der frü­he­re Geschäfts­füh­rer ver­mie­te­te den­noch eigen­mäch­tig zu güns­ti­gen Kon­di­tio­nen, was nach Ansicht der GmbH deren Ver­mö­gens­in­ter­es­sen ver­letz­te. Die Gesell­schaf­ter der GmbH ent­lie­ßen dar­um den Geschäfts­fü­her, der die­sen Ver­trag abschloss.

    Erklärung: Was bedeutet kollusives Zusammenwirken?

    Kol­lu­si­ves Zusam­men­wir­ken liegt vor, wenn ein Ver­tre­ter des Ver­mie­ters (hier der Geschäfts­füh­rer der Eigen­tü­mer­ge­sell­schaft) bewusst und heim­lich mit dem Mie­ter Ver­ein­ba­run­gen trifft, die den Ver­mie­ter finan­zi­ell benach­tei­li­gen. Dabei han­delt es sich um ein bewuss­tes, gemein­sa­mes Vor­ge­hen gegen die Inter­es­sen und zum Scha­den des Vermieters.

    Worüber wurde bei Gericht gestritten?

    Der Streit dreh­te sich dar­um, ob der Geschäfts­füh­rer der GmbH mit der Mie­te­rin oder deren Lebens­ge­fähr­ten bewusst kol­lu­siv zusam­men­ge­wirkt hat­te, um der GmbH zu scha­den. Ent­schei­dend war, ob den Mie­tern bekannt war oder bekannt hät­te sein müs­sen, dass der Geschäfts­füh­rer sei­ne Ver­tre­tungs­macht miss­brauch­te. Das Amts­ge­richt lehn­te die Räu­mungs­kla­ge ab, das Land­ge­richt Ber­lin gab ihr in wei­ten Tei­len statt. Nun lan­de­te der Fall beim Bun­des­ge­richts­hof in Karlsruhe.

    Urteil des BGH

    Der Bun­des­ge­richts­hof hob das Urteil des Land­ge­richts Ber­lin auf und ver­wies den Fall zurück. Er stell­te klar, dass allein güns­ti­ge Miet­be­din­gun­gen noch kei­ne Sit­ten­wid­rig­keit begrün­den. Das Land­ge­richt hat­te nicht aus­rei­chend dif­fe­ren­ziert, ob tat­säch­lich ein bewuss­tes Zusam­men­wir­ken zwi­schen der Mie­te­rin und dem ehe­ma­li­gen Geschäfts­füh­rer vorlag.

    Wie begründet der BGH sein Urteil?

    Der BGH beton­te, dass blo­ße Kennt­nis oder gro­be Fahr­läs­sig­keit bezüg­lich des Miss­brauchs der Ver­tre­tungs­macht für ein kol­lu­si­ves Zusam­men­wir­ken nicht genü­gen. Viel­mehr müs­sen kon­kre­te Anhalts­punk­te für ein bewuss­tes gemein­sa­mes Vor­ge­hen nach­ge­wie­sen wer­den. Das Land­ge­richt hat­te hier­zu kei­ne aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen getrof­fen, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Rol­le und des Wis­sens­stands der Mieterin.

    Was bedeutet das BGH-Urteil?

    Das Urteil unter­streicht, dass güns­ti­ge Miet­be­din­gun­gen allein nicht sit­ten­wid­rig sind. Zukünf­tig müs­sen Ver­mie­ter und Gerich­te genau prü­fen und nach­wei­sen, ob wirk­lich ein bewuss­tes kol­lu­si­ves Zusam­men­wir­ken vor­liegt, um Ver­trä­ge erfolg­reich anzufechten.

    Das Urteil VIII ZR 152/23 des BGH ver­deut­licht, dass für die Annah­me eines kol­lu­si­ven Zusam­men­wir­kens hohe Anfor­de­run­gen gel­ten und eine güns­ti­ge Mie­te allein nicht Sit­ten­wid­rig­keit bedeu­ten kann.

    (BGH-Urteil v. 26.3.2025 Az. VIII ZR 152/23)