Bauliche Veränderungen nach WEG (Wohnungseigentumsgesetz) sorgen immer wieder für Streit, nun landete ein Fall beim BGH in Karsruhe zur Frage der Vorbefassungspflicht, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Bundesgerichtshof klärt nun auf, welche Anforderungen an die Vorbefassung der Eigentümerversammlung bestehen müssen.
Ein Wohnungseigentümer plante die Installation von Wohnraumentlüftungen mit Fassadendurchbohrungen. Er stellte einen entsprechenden Antrag auf bauliche Veränderungen nach WEG bei der Eigentümerversammlung. Dort wurde sein Antrag trotz einer kurzen Vorstellung der Maßnahme und eines Lichtbildes abgelehnt.
Hintergründe
Der Kläger besitzt eine Wohnung im Erdgeschoss einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Er beantragte die Genehmigung zur Installation von vier Wohnraumentlüftungen, wofür Fassadenbohrungen nötig waren. Trotz Angabe der KfW-Standards bestanden Bedenken hinsichtlich Bausubstanz und Dämmstandard.
Worüber wurde bei der WEG gestritten?
Der Streit entzündete sich an der Frage, ob der Kläger ausreichend Informationen für eine fundierte Beschlussfassung bereitgestellt hatte. Die Gemeinschaft lehnte den Antrag mangels ausreichender Informationen und eventueller Gutachten ab. Der Kläger erhob daraufhin eine gerichtliche Beschlussersetzungsklage.
Urteil des BGH zur Vorbefassungspflicht bei Beschlüssen über bauliche Veränderung
Der BGH entschied, dass das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth fehlerhaft war und hob dieses auf. Es wurde klargestellt, dass für eine zulässige Beschlussersetzungsklage keine umfangreiche Vorabinformation notwendig sei. Das Verfahren wurde zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen (BGH-Urteil v. 14.02.2025 Az. V ZR 86/24).
Begründung des Urteils
Der BGH erläuterte, dass bei Beschlussersetzungsklagen grundsätzlich das sogenannte Vorbefassungsgebot gilt. Dieses bedeutet, der Kläger muss seinen Antrag zunächst der Eigentümerversammlung vorlegen. Weitergehende Anforderungen, etwa umfassende Informationen und Gutachten, seien hingegen nicht erforderlich. Diese würden den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz unzulässig erschweren und seien zudem kein zwingendes Kriterium für die Zulässigkeit der Klage.
Zudem stellte der BGH fest, dass Fassadendurchbohrungen nicht pauschal als beeinträchtigende Veränderungen gelten. Vielmehr müsse eine Einzelfallprüfung erfolgen, die insbesondere die fachgerechte Umsetzung der baulichen Maßnahme berücksichtigt.
Bedeutung für die Zukunft
Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen für zukünftige Fälle baulicher Veränderungen nach WEG. Der BGH schafft Klarheit über das Vorbefassungsgebot bzw. die Vorbefassungspflicht der WEG und erleichtert es Wohnungseigentümern, gerichtliche Unterstützung bei abgelehnten Beschlüssen über bauliche Veränderungen zu erhalten. Gleichzeitig fordert es von Eigentümergemeinschaften eine stärkere eigenständige Prüfung, da mangelnde Informationen nicht automatisch eine Klage unzulässig machen.
Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechte einzelner Wohnungseigentümer bei baulichen Veränderungen nach WEG und reduziert bürokratische Hürden. Jedoch bleibt die sorgfältige Abwägung der Interessen aller Beteiligten essenziell.