Drei-Objekt-Grenze oder wann liegt kein gewerblicher Grundstückshandel vor? Die Drei-Objekt-Grenze besagt, dass der Verkauf von mehr als drei Immobilien innerhalb von fünf Jahren als gewerblicher Grundstückshandel gilt.
Leitsätze:
Erfolgen innerhalb von fünf Jahren nach dem jeweiligen Grundstückserwerb weder Grundstücksveräußerungen noch diese vorbereitende Maßnahmen, kann bei Veräußerung einer zweistelligen Anzahl von Objekten im sechsten Jahr aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen sein (Abgrenzung zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.06.2004 – VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914).
Was ist passiert?
Mit Beschluss vom 20. März 2025 (Az. III R 14/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine wegweisende Entscheidung getroffen: Der erstmalige Verkauf von Grundstücken im sechsten Jahr nach dem Erwerb führt nicht automatisch zu einem gewerblichen Grundstückshandel. Damit bleibt die sogenannte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG möglich – ein wichtiger Punkt für viele Grundstücksunternehmen.
Hintergründe: Was bedeutet die Drei-Objekt-Grenze bei der erweiterten Kürzung?
Die sogenannte erweiterte Kürzung im Gewerbesteuergesetz erlaubt es bestimmten Grundstücksunternehmen, Teile des Gewerbeertrags von der Steuer zu befreien. Voraussetzung: Es handelt sich um reine Vermögensverwaltung. Die Drei-Objekt-Grenze ist ein Kriterium zur Abgrenzung. Werden innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb mehr als drei Objekte verkauft, spricht vieles für einen gewerblichen Grundstückshandel – und damit gegen die erweiterte Kürzung. Aber was gilt, wenn der Verkauf erst nach Ablauf dieser fünf Jahre erfolgt?
Drei-Objekt-Grenze? Worüber wurde gestritten?
Im Streitfall hatte eine GmbH im Jahr 2007 zahlreiche vermietete Immobilien erworben. Die Vermietung lief über Jahre hinweg. Im Jahr 2013 – also im sechsten Jahr nach Erwerb – wurden erstmals 13 Objekte veräußert. Ein gewerblicher Grundstückshandel?
Das Finanzamt meinte: Ja. Es verwehrte die erweiterte Kürzung mit dem Argument, dass die hohe Zahl an Verkäufen eine gewerbliche Tätigkeit indiziere. Die GmbH klagte und bekam vor dem Finanzgericht Münster recht. Das Finanzamt ging in Revision zum BFH.
Das Urteil: Drei-Objekt-Grenze im sechsten Jahr nicht entscheidend
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts Münster. Er wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.
Entscheidend sei, dass im maßgeblichen Zeitraum – also innerhalb der ersten fünf Jahre nach Erwerb – keine Objekte veräußert oder vorbereitende Maßnahmen getroffen wurden. Der Verkauf der 13 Objekte im sechsten Jahr reiche allein nicht aus, um einen gewerblichen Grundstückshandel zu begründen.
Urteil: Die erweiterte Kürzung war zu gewähren.
Begründung des Urteils
Der BFH stellte klar: Die Drei-Objekt-Grenze gilt typisierend – aber nicht starr. Maßgeblich ist die „Veräußerungsabsicht zum Zeitpunkt des Erwerbs“. Nur wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die GmbH schon beim Kauf mit dem Verkauf gerechnet hat, liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor.
Das war hier nicht der Fall. Die Immobilien wurden über fünf Jahre hinweg lediglich vermietet. Es gab keine Umstrukturierungen, Aufteilungen, Umfinanzierungen oder andere Maßnahmen, die eine Verkaufsabsicht hätten belegen können.
Besonders relevant: Der Verkauf im sechsten Jahr fiel zeitlich zusammen mit dem Tod eines Gesellschafter-Geschäftsführers. Diese unvorhersehbare Entwicklung war laut BFH ein zulässiges Indiz dafür, dass der Verkauf nicht von Anfang an geplant war.
Bedeutung für die Zukunft
Drei-Objekt-Grenze bleibt ein flexibles Abgrenzungskriterium. Das Urteil stärkt die Position vermögensverwaltender Grundstücksunternehmen. Es betont, dass die Drei-Objekt-Grenze kein Dogma ist, sondern eine widerlegbare Typisierung. Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
Für die Praxis bedeutet das
- Die erstmalige Veräußerung von mehreren Objekten nach Ablauf von fünf Jahren ist kein zwingendes Indiz für Gewerblichkeit.
- Der Nachweis einer fehlenden Verkaufsabsicht zum Erwerbszeitpunkt bleibt möglich – insbesondere bei ungewöhnlichen Entwicklungen wie Todesfällen.
- Die erweiterte Kürzung kann auch bei umfangreichen Verkäufen erhalten bleiben, wenn bis dahin ausschließlich vermögensverwaltend agiert wurde.
- Für Vermieter und Investoren bedeutet das mehr Sicherheit in der steuerlichen Planung. Auch größere Immobilienportfolios können innerhalb sinnvoller Fristen restrukturiert werden, ohne sofort gewerbliche Konsequenzen zu riskieren.
- Der BFH-Beschluss zeigt: Nicht jede umfangreiche Veräußerung ist gleich Gewerblichkeit. Die steuerrechtliche Bewertung bleibt einzelfallbezogen. Unternehmen, die langfristig investieren und verwalten, dürfen auch künftig auf die erweiterte Kürzung bauen – solange sie klar zwischen Vermögensverwaltung und aktiver Handelstätigkeit trennen.
Diese Entscheidung bringt Klarheit, aber auch Verantwortung: Die Dokumentation der tatsächlichen Nutzung und unternehmerischen Absichten zum Erwerbszeitpunkt bleibt entscheidend.
(Bundesfinanzhof Beschluss vom 20. März 2025, III R 14/23)