In dem kürzlich veröffentlichten BGH-Urteil ging es um die Zulässigkeit einer Eigenbedarfskündigung für eine Wohnung in Berlin, deren Mietvertrag im Jahr 1990 nach den Vorschriften der Deutschen Demokratischen Republik (DDR-Altmietvertrag) abgeschlossen wurde. Ein Vermieter hatte die Kündigung ausgesprochen, da er die Wohnung selbst nutzen wollte. Allerdings beschränkte der Mietvertrag die Kündigungsgründe des Vermieters. Die rechtliche Auseinandersetzung erreichte letztlich den Bundesgerichtshof.
Hintergründe: DDR-Altmietverträge und ihre rechtliche Sonderstellung
DDR-Altmietverträge, die vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen wurden, unterliegen seit der Wiedervereinigung den Bestimmungen des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Im vorliegenden Fall enthielt der Mietvertrag jedoch eine Klausel, die sich auf die Vorschriften des Zivilgesetzbuchs (ZGB) der DDR bezog. Diese erlaubte die Beendigung des Mietverhältnisses nur unter bestimmten Voraussetzungen, darunter eine dringende Notwendigkeit der Wohnung durch den Vermieter.
Der Vermieter, der die Wohnung 2020 erworben hatte, kündigte zunächst wegen Eigenbedarfs. Die Mieter widersprachen der Kündigung, da sie sich auf die Schutzvorschriften ihres alten DDR-Mietvertrags beriefen.
Worüber wurde gestritten? Konflikt zwischen Mietvertrag und BGB
Der Kern des Streits lag in der Frage, ob die im Mietvertrag enthaltene Regelung zur Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin gültig war. Die Mieter argumentierten, dass der Vermieter eine „dringende“ Notwendigkeit nachweisen müsse, wie es das ZGB der DDR vorsah. Der Vermieter hingegen berief sich auf die Vorschriften des BGB, die eine Eigenbedarfskündigung ohne die Bedingung der Dringlichkeit erlauben.
Das Amtsgericht Mitte in Berlin gab zunächst dem Vermieter recht. Das Landgericht Berlin hob dieses Urteil jedoch auf und argumentierte, dass die Regelungen des DDR-Mietvertrags vorrangig seien. Der Fall landete daraufhin vor dem BGH.
Urteil des Gerichts: BGB hat Vorrang
Der BGH entschied zugunsten des Vermieters und hob das Urteil des Landgerichts auf. Die Richter betonten, dass seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik die Vorschriften des BGB für DDR-Altmietverträge gelten. Die im Mietvertrag enthaltene Klausel zur Beendigung des Mietverhältnisses sei durch die Einführung des BGB unwirksam geworden.
Künftig müsse die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung allein anhand der Vorschriften des BGB beurteilt werden. Das bedeutet, dass der Vermieter lediglich ein berechtigtes Interesse nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nachweisen muss.
Begründung des Urteils: Schutz von Rechtsklarheit und Eigentumsrechten
Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der Intention des Gesetzgebers, DDR-Mietverträge sozialverträglich in das bundesdeutsche Recht zu überführen. Dabei sollte jedoch die Rechtseinheit gewahrt werden. Art. 232 § 2 des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB) legt fest, dass Mietverträge aus der DDR-Zeit ab dem 3. Oktober 1990 nach den Vorschriften des BGB behandelt werden.
Eine Abweichung zugunsten alter DDR-Vorschriften würde die Rechtssicherheit gefährden und Vermieter unangemessen benachteiligen. Daher können solche vertraglichen Regelungen keinen Vorrang gegenüber dem geltenden Recht beanspruchen.
Bedeutung für die Zukunft: Klare Regeln für Eigenbedarfskündigungen
Das Urteil hat weitreichende Folgen für die Praxis. Vermieter können sich nun darauf verlassen, dass DDR-Altmietverträge keine Sonderregelungen mehr enthalten, die ihre Rechte einschränken. Die Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung sind klar: Ein berechtigtes Interesse nach § 573 BGB reicht aus.
Mieter sollten sich darauf einstellen, dass alte Schutzklauseln nicht mehr greifen. Gleichzeitig bleibt der soziale Mieterschutz nach dem BGB erhalten, da Eigenbedarfskündigungen immer noch einer prüfbaren Begründung bedürfen.
Das BGH-Urteil sorgt für mehr Klarheit bei der Anwendung von Mietrecht auf DDR-Altmietverträge. Auch wenn es hier konkret um eine Eigenbedarfskündigung ging, stellt das BGH-Urteil klar, dass das BGB und sein Mietrecht auf Mietverträge der DDR (DDR-Altmietvertrag) angewendet werden müssen. Es betont die Bedeutung einheitlicher Regelungen und schafft Rechtssicherheit für Vermieter. Für Mieter hingegen bedeutet es, sich verstärkt auf die sozialen Schutzvorschriften des BGB zu stützen.