• BGH-Urteil Elektronische Kündigung und Formfehler

    Das BGH-Urteil zur Elek­tro­ni­sche Kün­di­gung und Form­feh­ler behan­delt einen Rechts­streit über die Wirk­sam­keit elek­tro­nisch über­mit­tel­ter Kün­di­gun­gen im Miet­recht. Kon­kret ging es um eine Ver­mie­te­rin, die ihrem Mie­ter wegen Zah­lungs­rück­stands mehr­fach außer­or­dent­lich frist­los kün­dig­te. Die Kün­di­gun­gen wur­den als elek­tro­nisch signier­te Doku­men­te ein­ge­reicht und vom Gericht aus­ge­druckt an den Mie­ter zuge­stellt. Der BGH ent­schied jedoch, dass die­se Kün­di­gun­gen auf­grund for­mel­ler Män­gel unwirk­sam sind.

    Hin­ter­grün­de

    Die Ver­mie­te­rin hat­te dem Mie­ter einer Woh­nung in Mainz gekün­digt, da die­ser zeit­wei­se erheb­lich mit der Mie­te im Rück­stand war. Trotz Über­zah­lun­gen in spä­te­ren Mona­ten betrug der Rück­stand im Febru­ar 2022 noch mehr als zwei Monats­mie­ten. Nach deut­schem Miet­recht (BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3) recht­fer­tigt ein Zah­lungs­rück­stand von mehr als zwei Monats­mie­ten eine frist­lo­se Kün­di­gung. Die Ver­mie­te­rin über­mit­tel­te ihre Kün­di­gun­gen im Rah­men eines lau­fen­den Gerichts­ver­fah­rens elek­tro­nisch signiert.

    Wor­über wur­de gestritten?

    Strit­tig war, ob die Zustel­lung einer elek­tro­nisch signier­ten Kün­di­gung in aus­ge­druck­ter Form die gesetz­lich gefor­der­te Schrift­form (§ 568 Abs. 1 BGB) wahrt. Die Ver­mie­te­rin argu­men­tier­te, dass die elek­tro­ni­sche Signa­tur die Anfor­de­run­gen der Schrift­form erfüllt. Der Mie­ter wider­sprach und ver­wies dar­auf, dass die Aus­dru­cke kei­ne prüf­ba­re elek­tro­ni­sche Signa­tur ent­hiel­ten und somit for­mell unwirk­sam seien.

    Urteil des Gerichts

    Der Bun­des­ge­richts­hof ent­schied am 27. Novem­ber 2024, dass die Kün­di­gun­gen unwirk­sam sind. Die elek­tro­ni­sche Signa­tur erfüllt nur dann die Schrift­form, wenn der Emp­fän­ger die Signa­tur eigen­stän­dig prü­fen kann. Da die Kün­di­gun­gen dem Mie­ter ledig­lich als Aus­druck ohne prüf­ba­re Signa­tur zuge­stellt wur­den, war die Form nicht gewahrt.

    Begrün­dung des Urteils

    Das Gericht stell­te klar, dass § 126a BGB die elek­tro­ni­sche Signa­tur als Ersatz für die Schrift­form aner­kennt. Vor­aus­set­zung ist jedoch, dass das signier­te elek­tro­ni­sche Doku­ment dem Emp­fän­ger in einer Wei­se zugeht, die eine Veri­fi­zie­rung der Signa­tur erlaubt. Der soge­nann­te Medi­en­bruch – die Umwand­lung eines elek­tro­ni­schen Doku­ments in Papier­form – zer­stört die Veri­fi­ka­ti­ons­mög­lich­keit und somit die Form­wirk­sam­keit der Kün­di­gung. Ein bei­gefüg­ter Trans­fer­ver­merk des Gerichts, der die Inte­gri­tät des Doku­ments bestä­tigt, reicht nicht aus, da er kei­ne unab­hän­gi­ge Prü­fung durch den Emp­fän­ger erlaubt.

    Bedeu­tung für die Zukunft

    Die­ses Urteil hat weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen für die Pra­xis der elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on im Mietrecht:

    1. Form­vor­schrif­ten strikt ein­hal­ten: Ver­mie­ter soll­ten sicher­stel­len, dass elek­tro­ni­sche Kün­di­gun­gen nur auf prüf­ba­rem Weg über­mit­telt wer­den, z. B. durch direk­te elek­tro­ni­sche Zustel­lung mit Signatur.
    2. Risi­ko des Medi­en­bruchs: Eine Kün­di­gung soll­te nicht über ein Gericht in Papier­form zuge­stellt wer­den, da dies die elek­tro­ni­sche Form unwirk­sam macht.
    3. Digi­ta­le Infra­struk­tur: Gerich­te und Ver­mie­ter müs­sen die tech­ni­sche Infra­struk­tur anpas­sen, um elek­tro­ni­sche Doku­men­te medi­en­bruch­frei zu übermitteln.
    4. Ver­än­de­rung durch § 130e ZPO: Ab dem 17. Juli 2024 gilt die neue Rege­lung, wonach bestimm­te elek­tro­ni­sche Erklä­run­gen als form­wirk­sam gel­ten, wenn sie kor­rekt ein­ge­reicht und über­mit­telt wer­den. Die­se Ände­rung wird zukünf­ti­ge Streit­fäl­le vor­aus­sicht­lich reduzieren.

    Schluss­be­mer­kung

    Das Urteil ver­deut­licht die Bedeu­tung der Ein­hal­tung gesetz­li­cher Form­vor­schrif­ten bei elek­tro­ni­schen Wil­lens­er­klä­run­gen. Ver­mie­ter soll­ten bei Kün­di­gun­gen sorg­fäl­tig auf die rich­ti­ge Form ach­ten, um Rechts­strei­tig­kei­ten zu ver­mei­den. Für Mie­ter bie­tet das Urteil Schutz vor form­feh­ler­haf­ten Kündigungen.

    (BGH-Urteil v. 27.11.2024 Az. VIII ZR 159/23)