• BGH-Urteil: Keine Kündigung bei fehlender Kautionsbürgschaft

    Die frist­lo­se Kün­di­gung eines Wohn­raum­miet­ver­tra­ges wegen feh­len­der Kau­ti­ons­bürg­schaft ist unwirk­sam. Mit sei­nem Urteil vom 14. Mai 2025 hat der BGH ent­schie­den, eine frist­lo­se Kün­di­gung nach § 569 Abs. 2a BGB ist unzu­läs­sig, wenn der Mie­ter die Miet­si­cher­heit als Bank­bürg­schaft die als Kau­ti­ons­bürg­schaft geleis­tet wer­den soll­te in Ver­zug ist. Dies sorgt für Rechts­si­cher­heit – sowohl bei Mie­tern als auch bei Vermietern.

    Hintergründe – Bürgschaft im Kontext des Mietrechts

    In der Pra­xis ver­ein­ba­ren vie­le Ver­mie­ter mit ihren Mie­tern statt einer Bar­kau­ti­on eine selbst­schuld­ne­ri­sche, unbe­fris­te­te Bank­bürg­schaft. Ziel ist es, die finan­zi­el­len Mit­tel des Mie­ters zu scho­nen und den­noch Sicher­heit für den Ver­mie­ter zu schaf­fen. Doch was pas­siert, wenn die Bürg­schaft ausbleibt?

    In die­sem Fall klag­te eine Ver­mie­te­rin auf Räu­mung, weil der Mie­ter kei­ne Bank­bürg­schaft geleis­tet hat­te – obwohl dies im Miet­ver­trag ver­ein­bart war. Sie stütz­te die Kün­di­gung auf § 569 Abs. 2a BGB, der eine frist­lo­se Kün­di­gung erlaubt, wenn ein Mie­ter mit der Sicher­heits­leis­tung im Rück­stand ist.

    Worüber wurde gestritten

    Kern des Streits war die Fra­ge: Fällt eine ver­ein­bar­te Bank­bürg­schaft unter die Vor­schrift des § 569 Abs. 2a BGB? Das Amts­ge­richt und das Land­ge­richt Frank­furt am Main bejah­ten dies. Bei­de Gerich­te nah­men an, dass der Begriff der “Sicher­heits­leis­tung nach § 551 BGB” auch Bürg­schaf­ten umfasst – und erklär­ten die Kün­di­gung für wirksam.

    Der Mie­ter wehr­te sich gegen das Räu­mungs­ur­teil und leg­te Revi­si­on beim BGH ein.

    Urteil des Gerichts: Kündigung unzulässig

    Der Bun­des­ge­richts­hof hob das Urteil des Land­ge­richts Frank­furt auf und stell­te klar: Der Ver­zug mit einer Kau­ti­ons­bürg­schaft recht­fer­tigt kei­ne frist­lo­se Kün­di­gung gemäß § 569 Abs. 2a BGB.

    Das Miet­ver­hält­nis durf­te also nicht allein des­halb been­det wer­den, weil der Mie­ter die ver­ein­bar­te Bank­bürg­schaft nicht gestellt hat­te. Der BGH ver­wies den Fall zur neu­en Ver­hand­lung zurück an das Beru­fungs­ge­richt, um ande­re Kün­di­gungs­grün­de zu prü­fen – zum Bei­spiel wegen Zah­lungs­ver­zugs oder Eigenbedarfs.

    Begründung des Urteils

    Der Bun­des­ge­richts­hof legt § 569 Abs. 2a BGB restrik­tiv aus. Damit sagt der BGH die Vor­schrift zur frist­lo­sen Kün­di­gung­gilt nicht für den Ver­zug einer Kau­ti­ons­bürg­schaft. Son­dern gel­ten nur bei einem Ver­zug mit Geld­leis­tun­gen, also bei Bar­kau­tio­nen oder ande­ren Geldleistungen.

    Zen­tra­le Grün­de der Entscheidung:

    • Wort­laut der Norm: Zwar ver­weist § 569 Abs. 2a BGB all­ge­mein auf § 551 BGB, doch ist dort nur bei Geld­leis­tun­gen eine Teil­zah­lung vor­ge­se­hen. Das spricht gegen die Ein­be­zie­hung von Bürgschaften.

    • Sys­te­ma­tik: Der Gesetz­ge­ber woll­te mit § 569 Abs. 2a BGB einen Gleich­lauf zur frist­lo­sen Kün­di­gung bei Miet­rück­stän­den (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) schaf­fen. Die­se Vor­schrift betrifft aus­schließ­lich Geldschulden.

    • Geset­zes­ma­te­ria­li­en: In der Begrün­dung zur Vor­schrift ist expli­zit von “Nicht­zah­lung” der Kau­ti­on die Rede. Auch spricht der Gesetz­ge­ber stets von “Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen” – was nicht auf Bürg­schaf­ten zutrifft.

    • Zweck der Norm: Ver­mie­ter sol­len bei Bar­kau­tio­nen geschützt wer­den, da sie die Woh­nung bereits über­ge­ben müs­sen, wenn nur ein Teil der Kau­ti­on gezahlt ist. Bei Bürg­schaf­ten besteht dage­gen ein Zurück­be­hal­tungs­recht bis zur voll­stän­di­gen Leis­tung – daher besteht weni­ger Schutzbedürfnis.

    Bedeutung für die Zukunft – BGH Urteil als Leitentscheidung

    Die­ses Urteil hat weit­rei­chen­de Fol­gen für die Miet­rechts-Pra­xis, wer künf­tig eine frist­lo­se Kün­di­gung wegen aus­blei­ben­der Sicher­heits­leis­tung aus­spre­chen möch­te, muss laut BGH prü­fen, wel­che Art der Kau­ti­on bzw. Miet­si­cher­heit ver­ein­bart wur­de. Bei Bürg­schaf­ten ist § 569 Abs. 2a BGB nicht anwend­bar – es kom­men nur die all­ge­mei­nen Kün­di­gungs­re­geln (§ 543 Abs. 1 oder § 573 Abs. 1 BGB) in Betracht. Die­se erfor­dern jedoch eine Inter­es­sen­ab­wä­gung und gege­be­nen­falls eine Abmahnung.

    Tipp: Ver­mie­ter, die Kün­di­gungs­mög­lich­kei­ten erhal­ten wol­len, soll­ten die Bar­kau­ti­on bevor­zu­gen – oder ver­trag­lich kla­re Rege­lun­gen tref­fen, wann die Über­ga­be erfolgt.

    Mie­ter kön­nen sich dar­auf beru­fen, dass allein die feh­len­de Kau­ti­ons­bürg­schaft (Bank­bürg­schaft) kei­ne frist­lo­se Kün­di­gung nach § 569 Abs. 2a BGB recht­fer­tigt. Dies schützt ins­be­son­de­re vor über­stürz­tem Woh­nungs­ver­lust. Das Urteil stellt klar: Nicht jede aus­ste­hen­de Sicher­heits­leis­tung recht­fer­tigt sofor­ti­ge Maß­nah­men. Der BGH betont das Prin­zip der dif­fe­ren­zier­ten Anwen­dung gesetz­li­cher Kün­di­gungs­vor­schrif­ten. Wer einen Ver­trag ent­wirft oder eine Kün­di­gung prüft, muss künf­tig dif­fe­ren­zier­ter argumentieren.

    Mit sei­nem Urteil hat der Bun­des­ge­richts­hof eine offe­ne Rechts­fra­ge ent­schie­den – und sich ein­deu­tig für eine enge­re Aus­le­gung des § 569 Abs. 2a BGB aus­ge­spro­chen. Das schützt Mie­ter vor vor­schnel­len Kün­di­gun­gen, ver­pflich­tet Ver­mie­ter jedoch zu sorg­fäl­ti­ger Ver­trags­ge­stal­tung und Prüfung.

    In einer Zeit, in der vie­le Miet­ver­hält­nis­se durch alter­na­ti­ve Sicher­hei­ten wie Bürg­schaf­ten gesi­chert wer­den, sorgt das Urteil für drin­gend benö­tig­te Klar­heit. Und es macht deut­lich: Auch im Miet­recht gilt – genau hin­schau­en lohnt sich.

    (BGH-Urteil v. 14.5.2025 Az. VIII ZR 256/23)