Das BGH-Urteil sorgt für Klarheit bei der Kostenverteilung in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs). Hintergrund war ein Streit über die Zulässigkeit eines geänderten Kostenverteilungsschlüssels, der durch Beschluss einer Eigentümerversammlung eingeführt wurde. Der Fall betrifft praktisch Wohnungseigentümer, da die gesetzlichen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) mit dem WEMoG geändert wurden und heute nicht mit mit der Änderung der Teilungserklärung erfolgen müssen, sondern über einen Mehrheitsbeschluss möglich sind..
Hintergründe
In der betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft wurde ursprünglich vereinbart, dass die Eigentümer bestimmter Einheiten – in diesem Fall Dachgeschosswohnungen – bis zum Anschluss an Ver- und Entsorgungsleitungen von Kosten für Hausgeld und Instandhaltungsrücklagen befreit sind. Dieser Status wurde in der Teilungserklärung festgehalten.
Am 23. Juni 2021 beschloss die Eigentümerversammlung jedoch, die Kosten nach einem neuen Schlüssel auf alle Eigentümer entsprechend ihrer Miteigentumsanteile umzulegen. Dieser Beschluss wurde bestandskräftig und in den Wirtschaftsplänen für die folgenden Jahre umgesetzt.
Worüber wurde gestritten?
Die Eigentümer der betroffenen Dachgeschosswohnung fühlten sich durch die geänderte Regelung benachteiligt und klagten gegen die Beschlüsse, die auf den neuen Verteilungsschlüssel basierten. Sie argumentierten, dass die ursprüngliche Kostenbefreiung weiterhin gelte und der Beschluss der Eigentümerversammlung nicht rechtmäßig sei.
Das Amtsgericht Schöneberg wies die Klage ab, das Landgericht Berlin erklärte die Beschlüsse jedoch für ungültig. Der BGH wurde letztlich angerufen, um die Rechtslage abschließend zu klären.
Urteil des Gerichts
Der BGH entschied zugunsten der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft und stellte das Urteil des Amtsgerichts wieder her. Das Gericht betonte, dass die Eigentümerversammlung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Kompetenz hat, bestehende Kostenregelungen zu ändern. Dies gilt auch dann, wenn bestimmte Eigentümer erstmals an Kosten beteiligt werden, von denen sie zuvor ausgenommen waren.
Begründung des Urteils
Das Gericht hob hervor, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) die Möglichkeiten zur Änderung von Kostenverteilungen erweitert hat.
- Bestandskraft des Beschlusses: Ein Beschluss über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ist bestandskräftig, wenn er nicht erfolgreich angefochten wurde.
- Materielle Kontrolle: Die gesetzliche Öffnungsklausel in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG erlaubt es, bestehende Kostenregelungen auch gegen den Willen einzelner Eigentümer zu ändern.
- Treuwidrigkeit: Einwände gegen die Zumutbarkeit der Kostenbeteiligung können nur im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den ursprünglichen Beschluss vorgebracht werden.
Bedeutung für die Zukunft
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Wohnungseigentümergemeinschaften:
- Flexibilität bei Kostenverteilungen: Gemeinschaften können ihre Kostenregelungen einfacher anpassen, ohne an ältere Vereinbarungen gebunden zu sein.
- Rechtsklarheit: Die Entscheidung bestätigt, dass Beschlüsse über Kostenänderungen nicht ohne Weiteres angefochten werden können.
- Pflichten der Eigentümer: Eigentümer sollten aufmerksam an Versammlungen teilnehmen und rechtzeitig Einspruch gegen Beschlüsse einlegen, um Nachteile zu vermeiden.
Das Urteil des BGH (Az. V ZR 239/23) unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Abstimmung in Wohnungseigentümergemeinschaften. Es zeigt, wie entscheidend die Bestandskraft von Beschlüssen für die rechtliche und finanzielle Gestaltung ist. Für Eigentümer und Hausverwalter bedeutet dies, dass sie die gesetzlichen Neuerungen des WEMoG genau kennen sollten, um rechtssicher zu handeln.