• BGH-Urteil: Nachgeschobene Kündigungsgründe im Mietrecht

    Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat am 25. Okto­ber 2023 ein zu beach­ten­des Urteil (VIII ZR 147/22) gefällt. Dabei muss­te der BGH über nach­ge­scho­be­ne Kün­di­gungs­grün­de im Miet­recht nach § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB ent­schei­den. Die Vor­schrift erlaubt es, Kün­di­gungs­grün­de, die im ursprüng­li­chen Kün­di­gungs­schrei­ben nicht genannt wur­den, unter der Bedin­gung zu berück­sich­ti­gen, dass sie nach­träg­lich ent­stan­den sind und die ursprüng­li­che Kün­di­gungs­er­klä­rung zum Zeit­punkt des Aus­spruchs wirk­sam war. Die­ses Urteil bringt weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen für das Miet­recht und die Pra­xis der Kün­di­gung wegen Pflicht­ver­let­zun­gen des Mie­ters mit sich und dreht sich um die Fra­ge, ob und wie unwah­re Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen eines Mie­ters eine ordent­li­che Kün­di­gung recht­fer­ti­gen können.

    Der Fall

    Die Beklag­ten, seit dem Jahr 2000 Mie­ter einer Woh­nung in Ber­lin, wur­den mit der Begrün­dung der ver­trags­wid­ri­gen Hun­de­hal­tung zunächst ordent­lich gekün­digt. Im Lau­fe des dar­auf­fol­gen­den Räu­mungs­rechts­streits äußer­te ein Beklag­ter die Ver­mu­tung, der wah­re Grund für die Kün­di­gung sei der Wunsch der Klä­ge­rin, das Haus zu ver­kau­fen, was jedoch von einem Kauf­in­ter­es­sen­ten von einem Aus­zug aller Mie­ter abhän­gig gemacht wor­den sei – eine Behaup­tung, die sich spä­ter als unwahr herausstellte.

    Die Entscheidung der Vorinstanzen

    Das Amts­ge­richt wies die Räu­mungs­kla­ge ab, das Land­ge­richt gab ihr statt. Die Beklag­ten leg­ten Revi­si­on ein.

    Die Beurteilung des BGH

    Der BGH hob das Urteil des Land­ge­richts auf und ver­wies den Fall zurück. Das Gericht beton­te, dass das Vor­brin­gen unwah­rer Tat­sa­chen durch einen Mie­ter im Ein­zel­fall zwar eine ordent­li­che Kün­di­gung recht­fer­ti­gen kann, jedoch eine umfas­sen­de Wür­di­gung aller Umstän­de erfor­dert. Dabei sind sowohl die Bedeu­tung der unwah­ren Behaup­tung als auch even­tu­el­les vor­an­ge­gan­ge­nes ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten des Ver­mie­ters zu berücksichtigen.

    Rechtsfehler der Vorinstanz

    Das Beru­fungs­ge­richt hat­te wesent­li­che Aspek­te, wie den Kon­text der Äuße­run­gen und mög­li­cher­wei­se pro­vo­zier­tes Fehl­ver­hal­ten durch den Ver­mie­ter, nicht hin­rei­chend gewür­digt. Zudem hat­te es das Prin­zip miss­ach­tet, dass nach­träg­lich ent­stan­de­ne Kün­di­gungs­grün­de nur dann berück­sich­tigt wer­den kön­nen, wenn die ursprüng­li­che Kün­di­gung wirk­sam war.

    Auswirkungen und Lehren

    Die­ses Urteil unter­streicht die Not­wen­dig­keit einer dif­fe­ren­zier­ten Betrach­tung in Fäl­len von Kün­di­gun­gen auf­grund von Pflicht­ver­let­zun­gen. Es mahnt Ver­mie­ter zur Vor­sicht und ver­langt eine gründ­li­che Prü­fung der Umstän­de vor Aus­spruch einer Kün­di­gung. Der BGH setzt mit die­sem Urteil kla­re Richt­li­ni­en für die ordent­li­che Kün­di­gung im Miet­recht und betont die Bedeu­tung der Ein­zel­fall­be­trach­tung. Sowohl Mie­ter als auch Ver­mie­ter sind ange­hal­ten, ihre Hand­lun­gen und Äuße­run­gen sorg­fäl­tig zu beden­ken, um recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen zu ver­mei­den oder erfolg­reich zu bestehen.

    (BGH-Urteil v. 25.10.2023 Az. VIII ZR 147/22)