In einem richtungsweisenden Urteil hat der Bundesgerichtshof am 5. Juli 2024 entschieden, dass nach dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten des Verwalters nur gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) bestehen. Der Verwaltervertrag entfaltet keine drittschützende Wirkung mehr zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers. Das BGH-Urteil zementiert damit, dass der Verwalter nur gegenüber der Gemeinschaft haftet. Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Wohnungseigentümer, Verwalter und die juristische Praxis.
Was ist passiert?
Das BGH-Urteil behandelt die Frage, ob Wohnungseigentümer gegen den Verwalter Schadensersatzansprüche geltend machen können, wenn dieser seine Pflichten verletzt. Ein Rechtsanwalt und Wohnungseigentümer hatte auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geklagt, nachdem der Verwalter verspätet eine Versicherungsleistung ausgezahlt hatte.
Hintergründe
Seit dem Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020 wurde die rechtliche Struktur der Verwaltung von Wohnungseigentum grundlegend geändert. Vorher konnten Wohnungseigentümer Ansprüche direkt gegen den Verwalter geltend machen, wenn dieser seine Pflichten verletzte. Dies basierte auf der Schutzwirkung des Verwaltervertrages zugunsten der Wohnungseigentümer. Mit dem WEMoG wurde jedoch die Haftung stärker auf die GdWE konzentriert.
Worüber wurde gestritten?
Der Kläger, ein Rechtsanwalt und Mitglied einer GdWE, hatte die Verwalterin aufgefordert, einen ihm zustehenden Teilbetrag einer Versicherungsleistung nach einem Wasserschaden auszuzahlen. Diese Zahlung erfolgte erst verspätet, nachdem der Kläger anwaltlich tätig geworden war. Er klagte auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Vorinstanzen, das Amtsgericht Chemnitz und das Landgericht Dresden, wiesen die Klage ab. Der Kläger legte Revision ein, um seine Ansprüche weiter zu verfolgen.
Urteil des Gerichts
Der BGH wies die Revision zurück und bestätigte, dass der Kläger keine direkten Schadensersatzansprüche gegen die Verwalterin hat. Nach dem WEMoG besteht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis ausschließlich durch die GdWE. Damit entfaltet der Verwaltervertrag keine Schutzwirkung zugunsten einzelner Wohnungseigentümer mehr und Verwalter haftet nur gegenüber der Gemeinschaft, so das BGH-Urteil.
Begründung des Urteils
Der BGH führte aus, dass die gesetzliche Neuregelung des WEMoG eine Haftungskonzentration bei der GdWE bewirkt hat. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind nicht mehr schutzbedürftig, da ihnen ein gleichwertiger Haftungsanspruch gegen die GdWE zusteht. Ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei nur dort erforderlich, wo das Deliktsrecht den geschädigten Dritten nicht ausreichend absichert. Nach dem WEMoG sind die einzelnen Wohnungseigentümer durch eigene Ansprüche gegen die GdWE ausreichend geschützt. Daher entfaltet der Verwaltervertrag keine drittschützende Wirkung mehr.
Bedeutung für die Zukunft
Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis der Wohnungseigentumsverwaltung. Verwalterverträge entfalten keine Schutzwirkung mehr zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer, was die Haftungskonzentration auf die GdWE verstärkt. Wohnungseigentümer müssen ihre Ansprüche nun direkt gegen die GdWE geltend machen, was auch die Durchsetzung von Regressansprüchen gegen den Verwalter durch die GdWE einschließt. Dies kann zu einer erhöhten Komplexität in der Rechtsdurchsetzung führen, insbesondere wenn die GdWE nicht willens ist, Regressansprüche gegen den Verwalter durchzusetzen.
Das BGH-Urteil verdeutlicht die Veränderungen durch das WEMoG und die damit verbundene Haftungskonzentration bei der GdWE. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese rechtliche Entwicklung in der Praxis auswirken wird und ob weitere Anpassungen im Wohnungseigentumsrecht notwendig werden, um die Interessen der einzelnen Wohnungseigentümer zu schützen.