• BGH-Urteil: Vorkaufsrecht von Angehörigen geht Mietervorkaufsrecht vor

    Der Bun­des­ge­richts­hof ent­schied, dass ein ding­li­ches Vor­kaufs­recht, das zuguns­ten eines Ange­hö­ri­gen ein­ge­tra­gen wur­de, Vor­rang vor dem gesetz­li­chen Vor­kaufs­recht eines Mie­ters hat. Der Rechts­streit, der dem Urteil zugrun­de liegt, schafft wich­ti­ge Klar­heit für Eigen­tü­mer und Mieter.

    Im kon­kre­ten Fall strit­ten eine geschie­de­ne Ehe­frau und ihr ehe­ma­li­ger Ehe­mann um den Ver­kauf einer Woh­nung. Bei­de hat­ten nach ihrer Tren­nung ein ding­li­ches Vor­kaufs­recht zuguns­ten des jeweils ande­ren ein­ge­räumt. Der Ehe­mann ver­kauf­te die Woh­nung an den dort leben­den Mie­ter, der sein gesetz­li­ches Vor­kaufs­recht aus­üb­te. Die ehe­ma­li­ge Ehe­frau, durch ihr ding­li­ches Vor­kaufs­recht geschützt, for­der­te die Über­tra­gung der Wohnung.

    Die Fra­ge, die es zu klä­ren galt: Hat das ding­li­che Vor­kaufs­recht eines Ange­hö­ri­gen Vor­rang vor dem gesetz­li­chen Mietervorkaufsrecht?

    Die rechtliche Abwägung?

    Die zen­tra­le Streit­fra­ge lau­te­te: Wel­che Rech­te ste­hen einem Mie­ter mit Vor­kaufs­recht zu, wenn ein ding­li­ches Vor­kaufs­recht zuguns­ten eines Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen besteht? Es ging um fol­gen­de Punkte:

    1. Rechts­vor­rang:
      Kann das Vor­kaufs­recht des Ange­hö­ri­gen das Mie­ter­vor­kaufs­recht übertrumpfen?
    2. Recht­zei­tig­keit:
      Spielt es eine Rol­le, wann das ding­li­che Vor­kaufs­recht ein­ge­tra­gen wurde?
    3. Kauf­ver­trags­sta­tus:
      Ist der Ver­kauf an den Mie­ter rechts­wirk­sam, wenn ein ding­li­ches Vor­kaufs­recht besteht?

    Das Ober­lan­des­ge­richt Dres­den ent­schied zunächst zuguns­ten des Mie­ters. Die Klä­ge­rin leg­te Revi­si­on ein.

    Urteil des Gerichts

    Der BGH hob die Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts Dres­den auf. Das Gericht ent­schied: Das ding­li­che Vor­kaufs­recht eines Ange­hö­ri­gen hat Vor­rang vor dem gesetz­li­chen Mie­ter­vor­kaufs­recht. Der Fall wur­de zur wei­te­ren Prü­fung an die Vor­in­stanz zurückverwiesen.

    Begründung des Urteils

    Der BGH stütz­te sei­ne Ent­schei­dung auf fol­gen­de Argumente:

    1. Vor­rang für Familienangehörige:
      Gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB gel­ten auch geschie­de­ne Ehe­part­ner als Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge. Ein ding­li­ches Vor­kaufs­recht zuguns­ten von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen genießt Vor­rang vor dem Mietervorkaufsrecht.
    2. Zeit­li­che Rei­hen­fol­ge irrelevant:
      Es spielt kei­ne Rol­le, ob das ding­li­che Vor­kaufs­recht vor oder nach der Über­las­sung der Woh­nung an den Mie­ter ein­ge­tra­gen wur­de. Der Gesetz­ge­ber beab­sich­tigt, Ange­hö­ri­ge in sol­chen Fäl­len beson­ders zu schützen.
    3. Gesetz­ge­be­ri­sche Intention:
      Das Gericht beton­te, dass die Ein­räu­mung eines ding­li­chen Vor­kaufs­rechts für Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge dem direk­ten Ver­kauf an die­se gleich­ge­stellt ist. Dar­aus ergibt sich ein kla­rer Vor­rang gegen­über Mietern.

    Bedeutung für die Zukunft

    Das Urteil hat erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf das Ver­hält­nis von Mie­tern und Eigentümern:

    1. Stär­kung des Eigentümerrechts:
      Eigen­tü­mer kön­nen ihre Ange­hö­ri­gen durch ding­li­che Vor­kaufs­rech­te recht­lich absichern.
    2. Klar­heit für Mieter:
      Mie­ter soll­ten sich bewusst sein, dass ihr Vor­kaufs­recht unter bestimm­ten Umstän­den ein­ge­schränkt sein kann.
    3. Ver­ant­wor­tung für Ver­wal­ter und Notare:
      Vor Ver­trags­ab­schlüs­sen müs­sen ding­li­che Rech­te sorg­fäl­tig geprüft wer­den, um Kon­flik­te zu vermeiden.

    Mit die­sem Urteil stärkt der BGH die Rech­te von Eigen­tü­mern und Ange­hö­ri­gen. Das Vor­kaufs­recht von Ange­hö­ri­gen geht Mie­ter­vor­kaufs­rech­ten vor – eine Ent­schei­dung mit weit­rei­chen­den Kon­se­quen­zen für das Immobilienrecht.

    (BGH-Urteil v. 27.09.2024 Az. V ZR 48/23)