• BGH-Urteil zur fristlosen Kündigung nach Mieteranzeige

    Die Immo­bi­li­en­bran­che in Deutsch­land ver­folgt auf­merk­sam die jüngs­te Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH), die die Bedin­gun­gen für eine frist­lo­se Kün­di­gung von Miet­ver­hält­nis­sen betrifft. In einem kürz­lich ergan­ge­nen Urteil hat der BGH klar­ge­stellt, dass eine Straf­an­zei­ge des Mie­ters gegen den Ver­mie­ter als schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zung ein Grund für eine frist­lo­se Kün­di­gung sein kann. Dabei betont das Gericht jedoch, dass eine nach­voll­zieh­ba­re Ver­däch­ti­gung ohne Kon­se­quen­zen für das Miet­ver­hält­nis geäu­ßert wer­den kann. Die­ses weg­wei­sen­de Urteil hat weit­rei­chen­de Aus­wir­kun­gen auf die Bezie­hung zwi­schen Mie­tern und Ver­mie­tern und wirft wich­ti­ge Fra­gen zur Pflich­ten­mo­ral auf.

    Hin­ter­grund: Auf Mob­bing und Straf­an­zei­ge folgt Kündigung

    In dem vor­lie­gen­den Fall stan­den Strei­tig­kei­ten über Män­gel und Beschä­di­gun­gen der Woh­nung im Mit­tel­punkt. Der Ver­mie­ter und die Mie­te­rin kom­mu­ni­zier­ten in E‑Mails, in denen der Ver­mie­ter ihr “Bes­ser­wis­se­rei”, “Pene­tranz” und einen “bis­si­gen Eifer” vor­warf. Die Situa­ti­on eska­lier­te, als auf den Namen der Mie­te­rin unbe­fug­te Bestel­lun­gen und Kre­dit­an­fra­gen getä­tigt wur­den. Die Mie­te­rin erstat­te­te Straf­an­zei­ge wegen Nach­stel­lung und Belei­di­gung, mit dem Ver­dacht, dass der Ver­mie­ter dahin­ter­ste­cke, basie­rend auf den ange­spann­ten Miet­strei­tig­kei­ten und den belei­di­gen­den Nachrichten.

    Nach Bekannt­wer­den der Ver­däch­ti­gun­gen kün­dig­te der Ver­mie­ter frist­los, und das Ermitt­lungs­ver­fah­ren wur­de spä­ter ein­ge­stellt, da der Täter nicht ermit­telt wer­den konn­te. Die Mie­te­rin sah sich mit einer Räu­mungs­kla­ge kon­fron­tiert, die vor dem Amts­ge­richt Erfolg hat­te, jedoch vom Land­ge­richt im Beru­fungs­ver­fah­ren abge­lehnt wurde.

    Ent­schei­dung: Nach­voll­zieh­ba­re Ver­däch­ti­gung ist nicht pflichtwidrig

    Der Bun­des­ge­richts­hof teil­te die Ansicht des Land­ge­richts und ent­schied, dass der Ver­mie­ter nicht berech­tigt war, das Miet­ver­hält­nis zu kün­di­gen. Grund­sätz­lich kann eine Straf­an­zei­ge gegen den Ver­trags­part­ner eine schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zung dar­stel­len, die eine frist­lo­se Kün­di­gung recht­fer­ti­gen kann. Dabei hängt die Ent­schei­dung von den Umstän­den des Ein­zel­falls ab.

    Eine grund­los fal­sche Straf­an­zei­ge oder wis­sent­lich unwah­re Anga­ben kön­nen Kün­di­gungs­grün­de sein. In die­sem Fall han­del­te die Mie­te­rin jedoch nicht pflicht­wid­rig. Sie ver­folg­te mit ihrer Straf­an­zei­ge berech­tig­te Inter­es­sen, da die ange­zeig­ten Taten tat­säch­lich began­gen wur­den. Sie mach­te zudem kei­ne wis­sent­lich oder leicht­fer­tig fal­schen Anga­ben in Bezug auf den Ver­dacht gegen den Vermieter.

    Der Gedan­ke, dass der Ver­mie­ter hin­ter den Taten steck­te, war ange­sichts der Umstän­de nach­voll­zieh­bar. Die Taten waren gezielt gegen die Mie­te­rin gerich­tet und soll­ten ihr Scha­den zufü­gen. Die Ver­däch­ti­gung war daher nicht abwe­gig. Zudem hat­te die Mie­te­rin ledig­lich einen Ver­dacht geäu­ßert und die wei­te­re Auf­klä­rung den zustän­di­gen Ermitt­lungs­be­hör­den überlassen.

    Die Straf­an­zei­ge der Mie­te­rin bezog sich nicht auf die bestehen­den Miet­strei­tig­kei­ten und soll­te die­se auch nicht beein­flus­sen. Daher han­del­te es sich nicht um eine Ver­trags­ver­let­zung im Sin­ne der Beein­flus­sung von zivil­recht­li­chen Streitigkeiten.

    Fazit: Ein weg­wei­sen­des Urteil für die Immobilienbranche

    Das Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs in die­sem Fall ist von gro­ßer Bedeu­tung für die Immo­bi­li­en­bran­che und Haus­ver­wal­ter. Es klärt die Fra­ge, ob eine Straf­an­zei­ge des Mie­ters gegen den Ver­mie­ter als Kün­di­gungs­grund die­nen kann. Die Ent­schei­dung des BGH betont die Wich­tig­keit einer nach­voll­zieh­ba­ren Ver­däch­ti­gung und stellt klar, dass berech­tig­te Inter­es­sen des Mie­ters nicht durch Kün­di­gun­gen gefähr­det wer­den sollten.

    Die­ses Urteil bie­tet Ver­mie­tern und Mie­tern kla­re Leit­li­ni­en für den Umgang mit Kon­flik­ten und Strei­tig­kei­ten, die auf­tre­ten kön­nen. Es unter­streicht die Bedeu­tung einer sorg­fäl­ti­gen Prü­fung der Umstän­de und zeigt, dass nicht jeder Ver­dacht unmit­tel­bar zu einer frist­lo­sen Kün­di­gung füh­ren soll­te. Die Immo­bi­li­en­bran­che soll­te die­ses Urteil als Mah­nung ver­ste­hen, um Kon­flik­te in Miet­ver­hält­nis­sen auf fai­re und recht­li­che Wei­se zu lösen, anstatt über­has­tet zu handeln.

    (BGH, Beschluss v. 8.8.2023, VIII ZR 234/22)