• BGH-Urteil: Zweitbeschluss über Hausgeldvorschüsse ist zulässig

    Der BGH hat ent­schie­den, dass Zweit­be­schlüs­se über Haus­geld­vor­schüs­se nach § 28 WEG unter bestimm­ten Bedin­gun­gen zuläs­sig sind. Ein Streit um die Gül­tig­keit von Beschlüs­sen in einer Eigen­tü­mer­ver­samm­lung führ­te zum Urteil, das wich­ti­ge Vor­ga­ben für Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaf­ten schafft.

    Im vor­lie­gen­den Fall hat­te eine Eigen­tü­me­rin die Beschlüs­se zu den Wirt­schafts­plä­nen der Jah­re 2016 bis 2018 ange­foch­ten. Die ursprüng­li­chen Beschlüs­se wur­den in einer Eigen­tü­mer­ver­samm­lung im Jahr 2022 erneut gefasst. Der Grund: Die Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft woll­te die offe­nen Vor­schuss­for­de­run­gen absi­chern und den recht­li­chen Rah­men klären.

    Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te, dass die Zweit­be­schlüs­se unzu­läs­sig sei­en, da sie kei­ne neue Grund­la­ge schaf­fen dürf­ten. Zudem habe es bei den ursprüng­li­chen Beschlüs­sen for­mel­le Män­gel gege­ben, bei­spiels­wei­se die feh­ler­haf­te Ein­la­dung zu den Versammlungen.

    Worüber wurde gestritten?

    Der Streit dreh­te sich um zwei zen­tra­le Fragen:

    1. Darf eine Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft nach Ablauf eines Wirt­schafts­jah­res erneut über Haus­geld­vor­schüs­se beschließen?
    2. Sind sol­che Zweit­be­schlüs­se recht­lich bin­dend, wenn die ursprüng­li­chen Beschlüs­se ange­foch­ten oder nich­tig sind?

    Die Klä­ge­rin war der Mei­nung, dass Zweit­be­schlüs­se die Rechts­grund­la­ge über­schrei­ten und die Zah­lungs­pflich­ten nicht rück­wir­kend begrün­den kön­nen. Die Gegen­sei­te argu­men­tier­te, dass sol­che Beschlüs­se not­wen­dig sei­en, um berech­tig­te Zwei­fel an den ursprüng­li­chen Beschlüs­sen aus­zu­räu­men und die finan­zi­el­le Sta­bi­li­tät der Gemein­schaft zu gewährleisten.

    Urteil des Gerichts

    Der BGH ent­schied zuguns­ten der Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft. Das Gericht stell­te fest, dass Zweit­be­schlüs­se über Haus­geld­vor­schüs­se nach § 28 Abs. 1 WEG zuläs­sig sind, wenn berech­tig­te Zwei­fel an der Wirk­sam­keit der ursprüng­li­chen Beschlüs­se bestehen. Gleich­zei­tig hob der BGH das Urteil des Land­ge­richts Bam­berg auf und ver­wies den Fall zur erneu­ten Prü­fung zurück.

    Begründung des Urteils

    Das Gericht beton­te fol­gen­de Kernpunkte:

    1. Beschluss­kom­pe­tenz der Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft: Nach § 28 Abs. 1 WEG dür­fen Woh­nungs­ei­gen­tü­mer auch nach Ablauf des Wirt­schafts­jah­res Zweit­be­schlüs­se über Vor­schüs­se fas­sen. Die­se Kom­pe­tenz umfasst sowohl die Erst­be­schluss­fas­sung als auch deren Wiederholung.
    2. Schutz­wür­di­ge Inter­es­sen: Zweit­be­schlüs­se müs­sen die Inter­es­sen der Eigen­tü­mer berück­sich­ti­gen. Dazu gehört, dass berech­tig­te Zwei­fel an der Wirk­sam­keit des Erst­be­schlus­ses vorliegen.
    3. Ord­nungs­ge­mä­ße Ver­wal­tung: Zweit­be­schlüs­se müs­sen den Grund­satz ord­nungs­ge­mä­ßer Ver­wal­tung ein­hal­ten. Sie dür­fen nicht dazu die­nen, Ver­jäh­rungs­fris­ten zu umge­hen oder unzu­läs­si­ge For­de­run­gen zu schaffen.

    Das Gericht stell­te klar, dass sol­che Beschlüs­se recht­lich bin­dend sind, sofern sie die oben genann­ten Kri­te­ri­en erfüllen.

    Bedeutung für die Zukunft

    Die­ses Urteil hat weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen für die Pra­xis von Eigentümergemeinschaften:

    1. Rechts­si­cher­heit: Eigen­tü­mer­ge­mein­schaf­ten haben nun ein kla­res recht­li­ches Instru­ment, um Unsi­cher­hei­ten über frü­he­re Beschlüs­se zu beseitigen.
    2. Prü­fungs­pflicht: Vor der erneu­ten Beschluss­fas­sung müs­sen Ver­wal­ter und Eigen­tü­mer sorg­fäl­tig prü­fen, ob die Vor­aus­set­zun­gen für einen Zweit­be­schluss vorliegen.
    3. Ver­mei­dung von Kon­flik­ten: Durch die Ein­hal­tung der Vor­ga­ben kön­nen lang­wie­ri­ge Rechts­strei­tig­kei­ten ver­mie­den werden.

    Beson­ders für Ver­wal­ter bedeu­tet das Urteil eine stär­ke­re Ver­ant­wor­tung bei der Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung von Beschlüssen.

    Das Urteil zeigt, wie wich­tig kla­re Regeln für Beschlüs­se in Eigen­tü­mer­ge­mein­schaf­ten sind. Zweit­be­schlüs­se über Haus­geld­vor­schüs­se sind ein mäch­ti­ges Instru­ment, soll­ten jedoch mit Bedacht ein­ge­setzt wer­den, um die Rech­te und Pflich­ten aller Betei­lig­ten zu wahren.

    (BGH-Urteil v. 20.09.2024 Az. V ZR 235/23)